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Forum » Politik Diskussionen » Nachrichten Ausland » Bin-Laden-Nachfolge (Al-Qaida sucht "Teamplayer mit Dschihad-Erfahrung")
Bin-Laden-Nachfolge
kurd-forumDatum: Freitag, 13.05.2011, 11.36.04 | Nachricht # 1
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Nachrichten: 406
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Al-Qaida sucht "Teamplayer mit Dschihad-Erfahrung"

Hat al-Qaida nach dem Tod Bin Ladens schon einen neuen Chef? Wenn die Statuten des Netzwerks noch gelten, dann wäre Aiman al-Sawahiri bereits "Amir". Doch wer den Top-Job des internationalen Terrorismus bekommt, hängt von vielen Faktoren ab - unter anderem von pragmatischen Anforderungen.

Berlin - Chalid Scheich Mohammed, einer der Planer der Anschläge vom 11. September 2001, ist eine problematische Quelle: Einige seiner Aussagen wurden unter Folter erzwungen. In einer seiner zahlreichen Vernehmungen erklärte er jedenfalls, was passieren würde, falls Osama Bin Laden stirbt. In diesem Fall, so der Kuwaiter, würden die Verpflichtungen aus dem Treue-Eid, den Qaida-Mitglieder Bin Laden geschworen haben, wohl auf dessen designierten Nachfolger übergehen - auf den Ägypter Aiman al-Sawahiri, seinen "Vize-Amir".

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Es ist nicht sicher, dass Scheich Mohammeds Ansicht Mehrheitsmeinung unter Qaida-Mitgliedern ist. Generell wird der Treue-Eid, arabisch Bai'a, als Angelegenheit zwischen zwei Individuen betrachtet; er erlischt mit dem Tod. Sollte al-Qaida also demnächst förmlich und offiziell einen neuen "Amir" berufen, könnten einige Mitglieder sich bereits an ihn gebunden fühlen - und andere meinen, dass sie nun vor der Wahl stehen, dem Nachfolger eine Bai'a zu schwören oder es zu unterlassen.

Sicher aber ist eines: Wenn al-Qaidas vor Jahren ausführlich schriftlich niedergelegte interne Verfassung noch gilt, ist Aiman al-Sawahiri bereits der neue Amir des Terrornetzwerks. "Al-Qaidas Organisationsleitlinien machen klar, dass es eine Nachfolgeregelung gibt", schreibt die australische Expertin Leah Farrall auf der Website von "Foreign Policy", die sich ausführlich mit al-Qaidas Struktur beschäftigt hat. "Im Fall der Festnahme oder des Todes von al-Qaidas Amir, geht die Macht automatisch an den Stellvertreter über, gegenwärtig Aiman al-Sawahiri. Eine Abstimmung im Kommandogremium muss dann folgen und entweder dessen dauerhafte Wahl bestätigen oder einen neuen Anführer wählen."

Memos am laufenden Band

Die Qaida-Filiale im Irak hat in ihrer Beileidsbekundung zum Tod Bin Ladens bereits angedeutet, dass sie dieses Verfahren für gültig hält. In ihrem Schreiben erwähnen sie Sawahiri als einzigen Qaida-Führer mit Namen, auch wenn sie ihn noch nicht förmlich als Amir betitelten.

Viele Terrorexperten rechnen damit, dass al-Qaida den vermutlich bereits erfolgten Aufstieg des ägyptischen Arztes demnächst auch formell verkünden wird. Leah Farrall weist allerdings darauf hin, dass die vorgesehene Wahl unter dem gegenwärtigen Verfolgungsdruck auch abgesagt werden könnte.

Als al-Qaida noch ohne diesen Verfolgungsdruck agieren konnte - in den Tagen vor dem 11. September 2001 und dem Afghanistankrieg -, da produzierte das Netzwerk Memos am laufenden Band. Es gab Verträge, Reisekostenabrechnungen und Urlaubsbewilligungen. Und es gab verschiedene Versionen besagter Verfassung des Terrornetzwerks, die unter anderem auch die Befugnisse des Amirs festlegten - und die notwendigen Qualifikationen für den Top-Job des Terrorismus.

"Vertrauenswürdig, klug und intelligent" soll der Amir sein

Heute ist al-Qaida weniger klar strukturiert und organisiert, was vor allem eine Folge des Verlustes der Basis in Afghanistan ist. Die Führungspersonen können nur im Untergrund agieren. Aber die meisten Analysten gehen davon aus, dass die grundlegenden Regeln noch Geltung haben. So weit jedenfalls, wie al-Qaida sie einhalten kann.

Der Amir, so heißt es in den Dokumenten, die teilweise von der US-Armee erbeutet wurden, muss zum Beispiel "vertrauenswürdig" sein, außerdem geduldig, freundlich zu den Mitgliedern, "klug und intelligent", "wahrhaft sprechen" und darf kein Leben in Luxus führen. Außerdem unabdingbar: Er sollte ein "Teamplayer" sein und "Dschihad-Erfahrung" mitbringen. Im Gegenzug hat er Anrecht auf Privatsphäre.

Zu seinen Pflichten zählt es, al-Qaidas Führungsgremium zu besetzen, einen Stellvertreter zu ernennen oder zu feuern sowie zum Beispiel das jährliche Budget festzulegen und bei den Lehrplänen für die Terrorrekruten mitzuwirken. Vor allem muss er al-Qaida "nach innen und außen repräsentieren".

Zu jung, zu unbekannt, zu weit weg

Es ergibt sich von selbst, dass unter den derzeitigen Bedingungen etliche dieser Punkte obsolet sind. Die Haushaltssitzung beispielsweise dürfte schon länger nicht mehr stattgefunden haben. Aber am Geist dieses Anforderungsprofils werden Nachfolgekandidaten gemessen werden.

Es ist klar, dass Aiman al-Sawahiri die Anforderungen am ehesten erfüllt. Er ist bereits der Vize, er hat einen reichen Erfahrungsschatz als Terrorist, er kennt die Organisation in- und auswendig, seine Rolle in den letzten Jahren war zentral.

Dass al-Qaidas Führungsgremium einen anderen beruft, sollte es überhaupt zusammenkommen oder sich sonst wie austauschen können, ist daher schwer vorstellbar. Zumal die wenigen anderen denkbaren Kandidaten entweder zu jung sind - Abu Jahja al-Libi, der Chefprediger, zum Beispiel. Oder auch Hamza Bin Laden, der vermutlich 22-jährige Sohn Bin Ladens, welcher nach einem Bericht des englischen "Telegraph" den Zugriff auf seinen Vater im pakistanischen Abbottabad möglicherweise überlebt hat. Oder sie sind zu unbekannt - wie einige der mutmaßlichen Mitglieder des Führungsgremiums. Oder sie sind nicht Teil der zentralen Kommandostruktur - wie etwa Anwar al-Awlaki im Jemen oder der Amir der dortigen Filiale, Nassir al-Wuhaischi.

Verlust einer Integrationsfigur

Der Umstand, dass al-Qaida bisher lediglich den Tod Bin Ladens bestätigt hat, ohne einen Nachfolger zu benennen, ist also kein Grund zu der Annahme, es tobe ein Führungsstreit. Es gibt sogar, laut Leah Farrall, eine Vorschrift für den Fall, dass auch der Vize-Amir ums Leben kommt: Dann übernimmt der Chef des Führungsgremiums - wieder mit anschließender Bestätigung durch eine Wahl. Es gibt Spekulationen, dass al-Qaida darauf verzichten könnte, überhaupt einen Amir zu benennen - aus Sicherheitsgründen. Aber das würde eigentlich nicht zum bisherigen Denken der Organisation passen. Zumal die Bereitschaft zum "Märtyrertod" vorausgesetzt wird.

ANZEIGETrotzdem sind Überraschungen nicht ausgeschlossen. Sie könnten sich vor allem aus der einmaligen Rolle Bin Ladens als Integrationsfigur ergeben. Der Saudi-Araber war so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner des militanten Dschihadismus. Seine Ansprachen waren explizit genug, um Anschlagsideen daraus abzuleiten, und zugleich vage genug, um schwelende interne Konflikte nicht zu befeuern.

Sawahiri ist wesentlich streitlustiger und entschieden weniger charismatisch. Es hilft außerdem nicht, dass er Ägypter ist - die Dschihadisten von der Arabischen Halbinsel, die eine wichtige Rolle innerhalb al-Qaidas spielen, könnten sich unterrepräsentiert fühlen. Die Frage des Treue-Eides könnte daher interessant werden: Was zum Beispiel, wenn einige Filialen und Kader al-Qaidas diesen förmlich auf den Ägypter leisten - andere aber nicht und damit zwangsläufig eine gewisse Distanz signalisieren?

Eine Spaltung ist unwahrscheinlich. Zumal die Verpflichtung zum Erhalt der Einheit al-Qaidas jedem Mitglied vorgeschrieben ist. Aber Haarrisse könnten in den kommenden Wochen und Monaten sichtbarer werden - und sich eventuell vergrößern. Diese Entwicklung wird auch Aufschluss darüber geben, wie wichtig Bin Laden wirklich war - oder wie unwichtig.

Quelle: http://www.spiegel.de


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