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Interwiev mit der SPD-Politikerin Lale Akgün
Gula-EvineDatum: Sonntag, 16.08.2009, 00.06.58 | Nachricht # 1
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Nachrichten: 93
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Die europapolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Lale Akgün, glaubt, dass die Türkei vor einem großen Umbruch im Kurdenkonflikt steht, der zehntausende Menschen das Leben kostete. Der inhaftierte Kurdenführer Abdullah Öcalan will der Regierung einen Friedensplan vorlegen.

Tobias Armbrüster: Der erste Angriff der kurdischen PKK auf das türkische Militär im August 1984 gilt als Beginn des Kurdenkonflikts. Etwa 40.000 Menschen sind bei Zusammenstößen in den vergangenen 25 Jahren in diesem Konflikt ums Leben gekommen. Jetzt könnte ein Wendepunkt kommen. Der inhaftierte Kurdenführer Abdullah Öcalan will einen Friedensplan vorlegen. Der Plan sollte eigentlich heute veröffentlicht werden, das wird sich nun um einige Tage verzögern. Aber in der Türkei ist dieser Friedensplan zurzeit das innenpolitische Thema. Wir möchten darüber jetzt sprechen mit Lale Akgün, der europapolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Schönen guten Morgen, Frau Akgün!

Lale Akgün: Guten Morgen!

Armbrüster: Was erhoffen Sie sich von diesem Friedensplan, Frau Akgün?

Akgün: Nun, ich glaube, dass alle ganz gespannt auf diesen Plan warten und erst einmal natürlich sich davon versprechen, dass die Waffen in Zukunft schweigen, denn es ist ja immer noch so, dass immer noch zwischen der türkischen Armee und der PKK Kämpfe stattfinden.

Armbrüster: Ist es Zeit, die PKK an den Verhandlungstisch zurückzuholen? Ist die PKK ein ernst zu nehmender Verhandlungspartner?

Akgün: Das ist die große Frage im Moment, die in der Türkei natürlich diskutiert wird, und da scheiden sich die Geister. Das sind ganz heftige Konflikte innerhalb auch der politischen Szene. Während natürlich gerade im Moment die Regierungspartei AKP durchaus auch mit der DTP spricht, die ja nun auch, also der Kurdenpartei, die ja auch gute Kontakte zur PKK pflegt, gibt es natürlich auch Strömungen gerade aus nationaler Sicht, die dann sagen, man kann mit der PKK nicht reden, dafür hat sie einfach zu viel in der Vergangenheit an Terror in der Türkei sehen lassen. Und ich glaube, das wird auch mit eine der Gretchen- Fragen sein. Es gibt aber auch Leute, die sagen, ist überhaupt die PKK die Vertretung der Kurden in der Türkei?

Armbrüster: Nun ist ja die PKK traditionell auch in Deutschland sehr aktiv, sie ist zwar verboten, aber nach wie vor aktiv. Müssen wir da vielleicht auch umlenken, wenn jetzt in der Türkei mit auch militanten Kurdenvertretern möglicherweise gesprochen werden soll?

Akgün: Also ich glaube, wir müssen erst mal abwarten, wie sich überhaupt die Situation in der Türkei gestaltet, weil wir haben Gott sei Dank in Deutschland noch nie irgendwelche Anschläge gehabt, jetzt abgesehen von Autobahnbesetzungen vor einigen Jahren. Wir müssen einfach abwarten, wie sich das in der Türkei entwickelt. Ich glaube, dass die Türkei im Moment in einem ganz großen Umbruch ist, was die Kurdenfrage angeht, und wir müssen einfach sehen, ob erst mal wirklich die Waffen schweigen, denn das wäre natürlich eine ganz wichtige Grundvoraussetzung für vieles.

Armbrüster: Die Türkei befindet sich ja zurzeit auch in Verhandlungen über einen Beitritt zur EU. Welche Rolle spielt der Kurdenkonflikt dabei?

Akgün: Nun, der Kurdenkonflikt hat ja immer eine wichtige Frage gespielt, und ich darf ja sagen, dass die Verhandlungen mit der EU und die Voraussetzungen, die dafür geschaffen werden mussten, auch ein Motor war in dieser Frage, aktiv zu werden, denn wir haben immer gesagt, dass wir großen Wert legen auf Minderheitenrechte, auf kulturelle Autonomie der Minderheiten und auf die Möglichkeit der Kurden, ihre Sprache zu benutzen.

Armbrüster: Und könnte dieser Plan das jetzt verändern?

Akgün: Ich glaube, dass an der Stelle wir doch hoffen, dass es Fortschritte gibt und dass durchaus eben in der Türkei die Kurden mehr auch Autonomie bekommen, und das würde ja die Verhandlungen meiner Meinung nach noch weiter forcieren.

Armbrüster: Lassen Sie uns da mal einige Szenarien durchspielen. Ich meine, der Plan wird sich jetzt - so haben wir's in den Agenturberichten und auch von unserem Korrespondenten gehört - wird sich um einige Tage verzögern. Was könnte in einigen Tagen passieren in der Türkei? Haben wir uns da vorzustellen, dass die Regierung sich mit PKK-Führern an den Verhandlungstisch setzt?

Akgün: Nein, ich glaube, das wird die Regierung in dem Sinne auch nicht machen können, weil halt die PKK immer noch in der Türkei eine der meistgehassten Organisationen ist. Was aber Erdogan schon gemacht hat, war sicher, mit Herrn Türk, also dem Vorsitzenden der kurdischen Partei, schon mal zu treffen und mit dem darüber zu reden, wie eigentlich man die begangene Kurdenoffensive - heißt es im Moment -, wie man das natürlich noch verbessern kann. Ich glaube, die Tatsache, dass eben auch, wie eben gesagt wurde, über 50.000 Tote über Jahrzehnte lang durch diesen Konflikt gegeben hat, macht es auch sehr, sehr schwierig, mit der PKK zu verhandeln für die Regierung.

Armbrüster: Wie denken die Türken in Deutschland über diesen Konflikt inzwischen?

Akgün: Also ich glaube, dass alle Menschen, also ob auch in der Türkei oder hier, ob Türken oder Kurden, sagen, es ist an der Zeit, dass die Waffen schweigen, dass es eben keine weiteren Toten mehr gibt, weil diese Geschichte doch sehr viel auch Leid über die Menschen gebracht hat. Und man hat so die Vorstellung, dass es zu einer Amnestie kommen könnte für 2000 bis 3000 PKK-Kämpfer. Man hat die Vorstellung, dass die kulturellen Rechte weiter gehen und bis dahingehend, dass eben auch zum Teil Selbstverwaltungen entstehen könnten.

Armbrüster: Aus der Türkei hört man nun häufiger auch den Vorwurf in Richtung Deutschland, die Bundesrepublik würde zu soft, zu weich mit militanten Kurden umgehen. Ist dieser Vorwurf berechtigt?

Akgün: Nein, auf keinen Fall. Ich glaube, die Tatsache, dass wir auch ganz klar gesagt haben, die PKK ist eine Terrororganisation, dass wir gesagt haben, dass wir hier keinerlei Terror in unserem Land dulden, aber auch, dass nicht Terror aus unserem Land hier Richtung Türkei sich entwickelt, zeigt, dass wir in keiner Weise zu soft mit der PKK umgegangen sind. Ich glaube, wir haben uns da nichts vorzuwerfen, wir haben uns an die rechtsstaatlichen Regeln gehalten.

Armbrüster: Aber muss es jetzt ein Umdenken geben in der deutschen Bundesregierung im Umgang mit der PKK?

Akgün: Ich glaube, das hängt natürlich auch von der PKK ab. Also ich glaube, dass erst einmal wir sehen müssen, wie sich dort die Dinge entwickeln. Sie können nicht mit einer Organisation reden, die für Terror verantwortlich ist, sondern ich glaube, da muss schon von der PKK aus auch der Wunsch nach Frieden kommen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir keinerlei hier in unserem Land Anschläge befürchten müssen und dass eben auch in der Türkei es nicht weiterhin zu Angriffen auf irgendwelche Zivilisten kommt. Also das wären wichtige Voraussetzungen, und dann kann man natürlich die Entwicklung abwarten. Wir müssen ja auch sehen, dass zwischen der PKK und wie gesagt der Kurdenpartei DTP es gute Kontakte gibt. Man müsste natürlich, Verhandlungen nimmt man ja erst mal mit der politischen Vertretung auf, und ich denke, es ist ein großer Fortschritt, dass sich überhaupt Erdogan mit Herrn Türk an den Tisch gesetzt hat, nachdem er jahrelang auch gesagt hat, er redet nicht mit der politischen Vertretung der PKK. Aber das hat er trotzdem jetzt getan. Und da denke ich, zeigt sich ja, dass etwas in Bewegung ist.

Armbrüster: Lale Akgün, die europapolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion zu einem angekündigten Friedensplan im Kurdenkonflikt. Vielen Dank für das Gespräch, Frau Akgün!

Akgün: Bitte!

Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1017345/

 
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